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Das Weißbier – das vielleicht typischste bayerische Bier

Das Weißbier – das vielleicht typischste bayerische Bier

Von: Tilman Weigel

Da hängt es ganz groß in der kleinen Weißbierbrauerei in einer oberbayerischen Kleinstadt: das bayerische Reinheitsgebot. Doch ausgerechnet das bayerischste aller Bier entspricht nicht dem Reinheitsgebot von 1516. Dabei wird vermutlich kein Bier mehr mit Bayern in Verbindung gebracht, als das Weißbier. Weißwurst und Weißbier, was könnte typischer für Südbayern sein?

Der Bayer und sein Weißbier: Hier Kristallweizen (links) und Hefeweizen (rechts)

Doch das Reinheitsgebot legt fest: Nur Gerste, Hopfen und Wasser dürfen ins Bier. Keine Tollkirschen, kein Schlafmohn und eben auch kein Weizen. Der nämlich war damals viel zu kostbar und wurde dringend zum Brotbacken benötigt. Der Name Weizenbier oder Hefeweizen erklärt auch den Hauptunterschied zu hellem Bier. Es enthält mindestens zur Hälfte Weizenmalz. Daneben ist es wie Kölsch, Alt oder das englische Ale ein obergäriges Bier, es wird also eine andere Hefe verwendet.

Es kommt noch schlimmer: Auch im Norden Deutschlands wurde und wird seit Jahrhunderten Weißbier gebraut. Das bekannteste ist wohl die Berliner Weiße. Einige Quellen behaupten sogar, dass in Hamburg und Berlin schon früher als in Bayern Weißbier gebraut wurde.

Unzweifelhaft jedoch stammen die ältesten Hinweise auf das Brauen von Bier aus Weizen aus dem Freistaat, genauer gesagt aus dem Bierparadies Oberfranken. 1934 wurden in Kasendorf bei Kulmbach Amphoren entdeckt, in denen man die Reste einer Biermaische aus Weizenschrot entdeckte. Fast 3.000 Jahre alt sind diese Funde.

Weißbier wird ausnahmslos aus den typischen Weizenbiergläsern getrunken - Foto: Ukko.de

Die Geschichte des modernen Weißbiers in Bayern beginnt jedoch erst damit, dass 1548 der Freiherr von Degenberg im Bayerischen Wald das Privileg zum Brauen von Bier aus Weizen erhielt. Nach dem Aussterben der Degenberger braute der Staat selbst und errichte zahlreiche Weiße Brauhäuser. Zeitweise bezog der Herzog einen großen Teil seiner Einnahmen aus dem Weißbiermonopol.

Auch in der Freien Reichsstadt Nürnberg braute die Stadt ab etwa 1643 selbst. Städtische Beamte unter Oberaufsicht des Inneren Rates lenkten die Geschicke des Weizenbräuhauses, aus dem später die heute noch bestehende Tucher Bräu hervor ging.

Allerdings ging man dort nicht so weit wie im Herzogtum Baiern, wo teilweise die Wirte gesetzlich verpflichtet wurden Weißbier auszuschenken, um so die Kassen des Herzogs zu füllen. Allerdings ging die Nachfrage nach Weizenbier im 18. Jahrhundert bayernweit zurück. Das Monopol wurde 1798 aufgehoben und viele Weiße Brauhäuser verkauft. Die 1806 zum Königlichen Bräuhaus gewordene Nürnberger Weißbierbrauerei stellte die Produktion auf Braunbier um. 1960 waren weniger als drei Prozent des in Bayern gebrauten Bieres Weißbier.

Erst langsam stieg die Produktion wieder an. Heute ist in Südbayern ein Drittel der Produktion Weißbier, in Nordbayern immerhin ein Fünftel.

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