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Dr. Karlstadt – Martin Luthers Doktorvater

Dr. Karlstadt – Martin Luthers Doktorvater

Von: Tilman Weigel

Als „Schwarmgeist“ beschimpfte Martin Luther seinen Doktorvater. Denn der hatte eben die sakrale Bedeutung des Abendmahls geleugnet. So weit wollte Luther dann doch nicht gehen. Überhaupt waren Luther und Melanchton, die beiden Motoren der Reformation, weitaus vorsichtiger als jener Andreas Bodenstein. Bekannt ist er auch als Doktor Karlstadt, benannt nach seiner Geburtstadt Karlstadt in Unterfranken.

Andreas Bodenstein, Martin Luthers Doktorvater

Dort war er um 1482 als Sohn eines Kellermeisters auf die Welt gekommen. Er studierte in Erfurt und Köln und wurde 1507 Dozent in Wittenberg, das wenig später zum Zentrum der Reformation wurde. Denn schon im Jahr darauf kam ein gewisser Martin Luther an die Universität und promovierte 1512 unter Karlstadt zum Doktor der Theologie.

Zunächst trennten sich ihre Wege, doch beide gingen mehr und mehr in Opposition zum Papst. Die Reformation war keineswegs allein Luthers Erfindung. Sie lag sozusagen damals in der Luft. 1519 vertraten Luther und er bei der Leipziger Disputation die Idee der Reformation gegenüber dem papstreuen Theologen Johannes Eck. Luther jedoch mittlerweile mit Philipp Melanchthon einen Freund gefunden, mit dem er sich weitaus besser verstand als mit seinem Doktorvater.

Martin Luther promovierte bei Andreas Bodenstein

Als Bodenstein nach einem kurzen Aufenthalt in Dänemark ab 1520 wieder in Wittenberg weilte, saß Luther gerade auf der Wartburg. Derweil setzte sich Doktor Karlstadt in der thüringischen Universitätsstadt für die Abschaffung des Zölibats ein und teilte am 25.12.1521 in Wittenberg das Abendmahl in beiderlei Gestalt aus, in Brot und Wein. Damit wurde er in Luthers Abwesenheit der wesentliche Führer der Reformation in Wittenberg. Heute würde man ihn vielleicht als Fundi bezeichnen, denn er wollte den ganz großen Neuanfang. Er schaffte die Ohrenbeichte und die Fastengebote ab und wurde zunehmend radikaler.

Bei seinen Forderungen nach Abschaffung der Kindstaufe, einem totalen Bilderverbot und der These, dass das Abendmahl rein symbolisch sei, ging er selbst Luther zu weit. Erst recht, als es in Folge seiner radikalen Predigten zu einem Bildersturm kam, bei dem zahlreiche Bilder und Statuen zerstört wurden.

Unterstützt wurde er dagegen von Johann Drach. Der heiratete nicht nur 1522 ausgerechnet die Magd Andreas Bodensteins, sondern kam wie Bodenstein aus Karlstadt in Unterfranken. Genauso wie übrigens Michael Beuther, der Sohn des Amtskellermeisters, der allerdings erst rund 20 Jahre später nach Wittenberg kam. Die Karlstädter scheint die Rolle ihrer Heimatstadt als Geburtsort von Reformatoren kaum beeindruckt zu haben. Sie blieben streng katholisch.

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